An(ge)dacht Februar 2023

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Mit folgenden
 Gedanken grüßt Sie
 Diakonin
 Petra Messingschlager

Lieber Leserin, lieber Leser,

Du bist ein Gott der mich sieht.

Eine Jahreslosung, die uns im neuen Jahr begleiten und umhüllen kann.

Ein Satz, gesprochen von einer Frau, von einer Sklavin, von Hagar. Ein Satz, der nach einer sehr aufgeregten, bewegenden und existentiellen Zeit gesprochen wird.

Für Sara ist es nicht mehr denkbar, dass sie selbst ein Kind zur Welt bringen wird. Sie hat alle Hoffnung aufgegeben und auch das Vertrauen in Gott diesbezüglich spürt sie nicht mehr. Die Lösung dafür findet sie bei ihrer ägyptischen Sklavin. Sie bittet Hagar, für sie ein Kind von Abraham zu gebären. Sie wird schwanger, doch anstatt Freude über einen Erben kommt es zum Streit mit Sara und Hagar flieht in die Wüste. Dinge, die üblich waren zu dieser Zeit.

Hagar ist nun in der Wüste, sie wurde verstoßen, gedemütigt und fühlt sich elend und hilflos. Sie ist eine Frau, die nicht mehr gesehen wurde, für die eigenen Zwecke instrumentalisiert doch zu guter Letzt übergangen, benutzt und ausgenutzt. Ich stelle mir vor, sie lässt ihren Kopf hängen, schaut nicht mehr nach rechts oder links, sondern ist nur noch erschöpft. Genau in diese Lebenssituation hinein begegnet Ihr an einem Brunnen ein Engel mit der Botschaft: Der Herr hat dein Elend erhört. Gott zeigt sich Ihr durch seinen Boten und Hagar kann diese Begegnung in ihrer verzweifelten Lage annehmen, würdigen und fasst neuen Mut. Sie erkennt diese großartige Begegnung und sieht Gott, der nicht wegschaut, sondern sich ihr zuwendet. Spürt, dass sie mit allem was sie ausmacht und durchgemacht hat, gesehen wird – und kann diesen wunderbaren Satz sprechen: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Diese Frau ist einfach außerordentlich und ihre Lebensgeschichte ist bewegend und großartig. Es lohnt sich die ganze Geschichte von Hagar zu lesen.

Eine Lebensgeschichte, in der wir uns so gut wiederfinden können. Auch wir kennen sicher alle Wüstenzeiten. Zeiten, in denen wir nicht mehr ein noch aus wissen und uns verstecken wollen und den Kopf einhängen und keine Blicke mehr für unsere Umgebung haben. Diese Zeiten sind düster und bedrohlich und oh ja, genau in diesen Zeiten tun uns Blicke gut, die uns aufbauen und nicht vernichten wollen. Sie sind tröstlich und richten uns auf, so dass auch wir unseren Blick erheben können und wieder weiten können.

Schenken wir uns dieses Jahr Blicke, die uns aufrichten, die uns Mut machen. Schenken wir uns Blicke der Mitmenschlichkeit und der Liebe, die von der Liebe Gottes gefüllt sind, denn durch dieses Ansehen kann immer wieder neues Leben entstehen.

Hilde Domin hat dafür wunderbare Worte gefunden.

Es gibt dich
Dein Ort ist
wo Augen dich ansehen.
Wo sich Augen treffen
entstehst du.
Von einem Ruf gehalten,
immer die gleiche Stimme,
es scheint nur eine zu geben
mit der alle rufen.
Du fielst,
aber du fällst nicht,
Augen fangen dich auf.
Es gibt dich
weil Augen dich wollen,
dich ansehen und sagen
dass es dich gibt.