An(ge)dacht Juni 2022

Mit folgenden
 Gedanken grüßt Sie
 Pfarrerin
  Imke Pursche.

Liebe Leserin, lieber Leser, 

wann hatten Sie zuletzt so richtig Durst? 
Als Erwachsene hier in diesen Breitengraden bekommen wir das wohl ganz gut hin, unseren Wasserhaushalt zu managen. Wenn man aber mit Kindern unterwegs ist, kann man sich eigentlich darauf verlassen, dass spätestens nach zehn Minuten der erste fragt: „Haben wir etwas zu trinken dabei?“ Dann nutzt die Gegenfrage: „Hast du nicht zu Hause noch etwas getrunken?“ nichts, ebenso wenig wie der gut gemeinte Hinweis: „Wir sind doch bald (wieder) da, da kannst du etwas trinken!“
 Durst zu haben ist eine scheußliche Sache. Und wir alle kennen sicher das erleichterte Gefühl, wenn wir nach so einer Durststrecke dann etwas trinken können: Wie schön kühl das Wasser die Kehle hinunter rinnt! Wie angenehm prickelnd das Radler sich im Mund anfühlt! Wir spüren förmlich, wie die Speicher wieder aufgefüllt werden, wie es sich wieder leichter durchatmen lässt, wie die Kräfte zurückkehren und der Kopf wieder klar wird. Vielleicht haben Sie auch die Bilder aus Indien von Anfang Mai vor Augen, wo eine frühe, fürchterlich heiße Hitzewelle Teile des Landes erfasste und die Menschen lebensgefährlich schwitzen ließ. Da sah man Leute, die sich auf offener Straße Wasser über den Kopf kippten oder selbigen kurzerhand in ein kühles Becken steckten. Nicht wenige mussten im Krankenhaus versorgt werden.

Bildrechte: Wolfgang Karl Krauß, Erlangen

Wasser ist eine Sache von Leben und Tod. Das mussten die Menschen im Ahrtal 2021 auf fürchterliche Weise erfahren. Eine kleine Idee davon bekamen wir rund um Erlangen, wo im Juli die Regnitz ihr Bett verließ. Ein zu viel vom kühlen Nass kann ebenso gefährlich sein wie ein zu wenig davon.

Der Monatsspruch für Juli 2022 stammt aus dem Buch der Psalmen: Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. (Psalm 42,3) In einem Land wie Israel vor mehr als 2000 Jahren wird der Durst allgegenwärtig gewesen sein. Und den Wasserhaushalt zu managen wird auch für Erwachsene viel aufwändiger gewesen sein, weil nicht wie heute an allen Ecken und Enden fließendes Wasser vorhanden sein konnte. So ist das Bild, nach Gott zu dürsten, so wie ein Mensch nach Wasser dürstet, ein sehr eindrückliches, damals wie heute immer noch. Ebenso wie das Wasser ist Gott eine Sache von Leben und Tod, von wahrem Leben und Tod. Denn „der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, entgegnet Jesus dem Versucher in der Wüste (auch so ein Durst-Ort!), und wir könnten das weiterschreiben: „… und des Menschen Durst wird auch nicht allein von Wasser gestillt!“ Wirklich erfüllt leben wir nicht, wenn wir allein diese Bedürfnisse, die unser Überleben ermöglichen, sichern. Gott hat uns Menschen als gemeinschaftliche Wesen geschaffen, er wollte nicht, dass der Mensch alleine sei. Er hat den Menschen Regeln für das Zusammenleben gegeben. Und er ist uns in Jesus Christus nahegekommen, bleibt in seinem Geist unser Tröster in der Welt. Gott ist lebendig und macht lebendig. Seine Gegenwart gibt uns neue Kraft, wie Wasser nach einer Durststrecke. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott – das friedliche und geborgene Gefühl, wenn dieser Durst gestillt wird, das wünsche ich Ihnen!